„Rassismusmonitor“ mit Schwerpunkt Gesundheit erschienen

Das Deutsche Zentrum für Migrationsforschung (DeZIM) hat in seinem aktuellen „Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitor“ (NaDiRa) einen Schwerpunkt zum Thema Gesundheit erstellt. Dazu wurden im zweiten Halbjahr 2022 insgesamt 21.000 Menschen befragt, davon knapp 6.200 ohne Migrationshintergrund, alle anderen hatten eine Migrationsgeschichte: „Zu den untersuchten Gruppen gehören Schwarze Menschen, muslimische Menschen, asiatische Menschen und nicht rassistisch markierte Menschen (nach Selbstidentifikation).“ Dadurch ist es möglich die jeweiligen Erfahrungen von Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte miteinander zu vergleichen und dabei auch Fragen von Geschlecht, Religion oder Herkunft einzubeziehen. Die Ergebnisse dieser repräsentativen Umfrage hat das DeZIM jetzt auf knapp 268 Seiten zusammengefasst, wobei im ersten Teil sehr übersichtlich das Design der Stichprobenerhebung und der Zusammensetzung der befragten Personen dargestellt wird (vgl. Tabelle 2-5, Bericht). Dies ermöglicht es sowohl quantitativ wie qualitativ den NaDiRa einzuordnen und zu bewerten. So wird etwa der Frage nachgegangen, welche „Diskriminierungserfahrungen in unterschiedlichen Kontexten, differenziert nach Selbstidentifikation, getrennt nach Männern und Frauen“ gemacht wurden (Bericht, S. 91). Und schon in der tabellarischen Übersicht, die nach den Erfahrungen mit der Polizei, Ämtern/Behörden, Banken, dem Gesundheitsbereich, der Öffentlichkeit und im Freizeitbereich fragt, werden sehr viele Unterschiede im Erleben der untersuchten Personengruppen deutlich. So werden etwa schwarze Männer am häufigsten von der Polizei diskriminiert, während muslimische Männer dies bei Behördengängen erleben. Zu erwarten wäre, dass sich solche Erfahrungen auch auf das Vertrauen in die gesellschaftlichen Institutionen auswirken (Bericht, S. 95f). Interessanterweise weisen dabei allerdings die so genannten „nicht rassistisch markierten“ Menschen zumeist ein geringeres Maß an Vertrauen auf als alle anderen untersuchten Gruppen: „Zusammenfassend lässt sich sagen, dass rassistisch markierte Menschen ein tendenziell höheres Vertrauen in die Institutionen Deutschlands haben als nicht rassistisch markierte Menschen. Dies gilt insbesondere für das Vertrauen in die Bundesregierung, das Bildungssystem und das Gesundheitssystem.“ (Bericht, S. 97). Oder anders ausgedrückt: die Bevölkerung ohne Migrationsgeschichte ist hier weniger von Vertrauen geprägt als die zugewanderte Bevölkerung. Nicht verwunderlich ist, dass diejenigen, die sich oft diskriminierende Erlebnisse haben, deutlich weniger Vertrauen ins Gesundheitswesen aufweisen (Bericht, S. 101). Dementsprechend umgekehrt ist das Vertrauensniveau deutlich höher bei allen, die keine solchen Erfahrungen gemacht haben (ebd.).
Im Schwerpunkt werden dann die alltäglichen Erfahrungen im Gesundheitswesen in den Blick genommen: Wie steht es um den Zugang zu den Gesundheitsdienstleistungen? Welche Erfahrungen mit Diskriminierungs- und Rassismus wurden gemacht? Welche Auswirkungen hat das auf die Gesundheitsversorgung? Vorangestellt werden im Intro u.a. Einführungen zum Thema Rassismus und Gesellschaft sowie Rassismus und Medizin. Es folgen Abschnitte zur Gesundheitsversorgung und auch zum Forschungsdesign. Inhaltlich wurden alle Teilnehmenden nach ihrem subjektiven Gesundheitszustand, ihrer psychischen Gesundheit und ihren Diskriminierungs- und Rassismus-Erfahrungen befragt. Dabei schätzen alle Befragten, unabhängig von Gruppenzugehörigkeit oder Geschlecht ihren Gesundheitszustand ähnlich ein (S. 124), wobei der Wert bei negativen Erfahrungen im Gesundheitswesen absinkt (S. 125-127).
Bei der Frage nach Angststörungen und Depressionen kommt der Bericht zu dem Schluss: „Rassistisch markierte Gruppen und Personen mit Migrationshintergrund haben durchschnittlich höhere Werte auf der Angststörungs- und Depressionsskala. Frauen weisen generell höhere Werte als Männer auf“ (S. 128). Nicht verwunderlich heißt es weiter: „Diskriminierungs- und Rassismuserfahrungen gehen mit gesteigerten Symptomen einer Angststörung und depressiven Erkrankung einher, insbesondere bei Menschen, die regelmäßig diese Erfahrungen machen“ (S. 129).
Hier endet der Schwerpunkt und es wird deutlich, dass sich weitergehende Befragungen zum Gesundheitszustand der hier teilgenommenen Bevölkerungsgruppen auf jeden Fall lohnen würden. Innerhalb der aktuellen Gesundheitsberichterstattung erfolgt eine wie in der NaDiRa gemachte Ausdifferenzierung bedauerlicherweise noch nicht. Ein weiterer Erkenntisgewinn wäre aber zu erwarten.
Frank Omland
Öffentlichkeitsarbeit
P.S.
Wer sich kurz und knapp informieren möchte, kann dies direkt auf der Website machen, wo die Ergebnisse gut und verständlich zusammengefasst werden: https://www.rassismusmonitor.de/publikationen/rassismus-und-seine-symptome/

Wer es ausführlicher und genauer haben möchte, sollte auf den NaDiRa zurückgreifen, da er gerade was die tabellarischen und grafischen Zusammenfassungen angeht ebenfalls schnell und informativ die Unterschiede in den Diskriminierungserfahrungen verdeutlichen kann: https://www.rassismusmonitor.de/fileadmin/user_upload/NaDiRa/Rassismus_Symptome/Rassismus_und_seine_Symptome.pdf

 

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