Forum Neue Wege in der Selbsthilfe
Das Forum war von Oktober 2017 bis Februar 2022 Teil des von KISS Hamburg und der AOK Rheinland/Hamburg gemeinsamen initiierten Projekts „Neue Wege in der Selbsthilfe“ und richtete sich mit Impulvorträgen und Best-Practice-Beispielen an Interessierte und Expert*innen in und außerhalb der Selbsthilfe.
13. Forum "Mit YouTube für Selbsthilfe begeistern", Februar 2022
YouTube ist neben Facebook das zweitgrößte Soziale Netzwerk und gleichzeitig das meistbesuchte Videoportal, auf dem Videoclips angesehen, bewertet und selbst hochgeladen werden können. Gemeinsam mit Thomas Roß (Trainer und Berater für digitale Kommunikation – TR3M®) sowie Johannes Schweizer (Geschäftsführer LAG Selbsthilfe Rheinland-Pfalz) sind wir der Frage nachgegangen, wie Videos erfolgreich für die Selbsthilfe eingesetzt werden können.
Tipps und Tricks für erfolgreiche YouTube-Videos
Als Experte für digitale Kommunikation beschreibt Thomas Roß wie wichtig der erste Eindruck und damit das Vorschaubild des Videos (ein sog. Thumbnail) ist, um Aufmerksamkeit und Interesse der Zielgruppe zu wecken – angefangen beim Bildaufbau, über einen spannenden Titel bis hin zur Farbgestaltung bestenfalls im einheitlichen Stil, um einen Wiedererkennungswert für weitere Videos zu erzeugen.
Damit das Publikum ein Video möglichst lange und im Idealfall bis zum Ende ansieht, sollte direkt und ohne viele Umschweife der Einstieg ins Thema erfolgen, beispielsweise in Verbindung mit einer daran anknüpfenden Frage, die neugierig macht. Im weiteren Verlauf sollten dann natürlich auch entsprechende Antworten geliefert und Erkenntnisse zusammengefasst werden. Das Video in einzelne Kapitel zu unterteilen macht es übersichtlich und nutzer*innenfreundlich.
Von der Zielgruppe zur Community
Ein YouTube Kanal lebt von seinen Inhalten, genauso wie von seiner Community. Für Kanäle ab 500 Abonent*innen steht ein sog. Community-Tab zur Verfügung, der es ermöglicht, außerhalb von Videobeiträgen direkt mit der Gemeinschaft zu kommunizieren. Ganz unabhängig von der Kanalgröße ist es erstrebenswert, die Zielgruppe zu einer aktiven Gemeinschaft wachsen zu lassen. Das kann beispielsweise durch Handlungsaufforderungen zum Liken, Abonnieren, Kommentieren und eigenen Fragen gelingen. Das motiviert einerseits zum Ansehen weiterer Videos und fördert andererseits einen lebendigen Austausch in der Kommentarspalte. Gleichzeitig liefert die Interaktion neue Inhalte für weitere Videos und vermittelt das Gefühl, eingebunden zu sein.
Statistiken im Backend geben Aufschluss darüber, welche Inhalte besonders beliebt sind und wie lange diese angesehen werden. Beide Experten sind sich darin einig, dass an dieser Stelle nicht nur statistische Werte sondern vielmehr Experimentierfreude gefragt ist und man darüber seine Community und deren Interessen besser kennenlernt.
Menschen folgen Menschen – nicht Organisationen
Johannes Schweizer, das Gesicht des YouTube-Kanals „Studio Selbsthilfe“, zeigte wie das Ganze in der Praxis aussehen kann. Mit dem Ziel Nachfolgegenerationen zu erreichen und die Selbsthilfe in ihrer Vielfalt modern und authentisch darzustellen, startete der YouTube-Kanal im August 2020. Getragen von der notwendigen Ernsthaftigkeit und mit einer Portion Humor berichten Betroffene über ihr Leben mit der gesundheitlichen Beeinträchtigung und geben vielfältige Anregungen. Daneben interviewt Johannes Schweizer auch Profis, die themenbezogen aufklären und informieren.
Auch bekannte Gesichter wie Dr. Wimmer oder Felix Lohbrecht sind auf dem Kanal zu finden, beispielsweise in einem Erklärfilm zur Selbsthilfe, der so eine größere Reichweite erhält und neue Zuschauer*innen auf den Kanal bringt. Neben der radaktionellen Arbeit wird die Videoproduktion im Bereich Kamera und Schnitt technisch sowie im Rahmen der Projektförderung finanziell von einer Krankenkasse unterstützt. Aus Erfahrung weiß Johannes Schweizer wie wichtig diese Ressourcen sind, um in der gewünschten Qualität Videos produzieren zu können.
Mit Blick auf die Hamburger Selbsthilfe zeigt die begleitende Diskussion des Forums, dass es wichtig ist, lokale Akteure einzubinden und Medienpartnerschaften für derartige Vorhaben aufzubauen. Zudem wird das große Interesse der Teilnehmenden deutlich, die Hamburger Selbsthilfelandschaft in bewegten Bildern zu zeigen.
Bildquelle: Gerd Altmann auf Pixabay
12. Forum „Online-Community trifft Selbsthilfe", Oktober 2021
Gesundheitsbezogene Themen gewinnen in den sozialen Medien zunehmend an Bedeutung. In Blogs, Podcasts, YouTube-Vlogs, Instagram-Storys und TikTok-Clips berichten Expert*innen ungefiltert über ihre Arbeit und sensibilisieren für gesundheitliche und soziale Themen. Betroffene und Angehörige nutzen digitale Medien und soziale Netzwerke als Informationsquelle, Orientierungshilfe und Sprachrohr. Gemeinsam mit den Bloggerinnen Lisa Waldherr (Tanz zwischen den Polen) und Dr. med. Snježana-Maria Schütt (Die Kinderherztin) sowie Gail McCutcheon (Gründerin des Vereins Mein Herz lacht) sind wir der Frage nachgegangen, wie gesundheitliche Themen am besten online platziert werden, was eine gute Story ausmacht und wie Online-Communities nachhaltig auf- und ausgebaut werden können.
Persönliche Einblicke
In ihren Blogbeiträgen berichtet Lisa Waldherr (Tanz zwischen den Polen) sehr persönlich und offen über ihre Erfahrungen mit der Bipolar II-Erkrankung. Ein Blog bietet ihrer Ansicht nach mehr Nachhaltigkeit sowie Unabhängigkeit von den Algorithmen der eher kurzweiligen sozialen Netzwerke. Zudem kann sie die Lust am Schreiben mit dem Wunsch verbinden, ihre Erfahrungen an andere Betroffene, Angehörige und Interessierte weiterzugeben. Offenheit bedeutet jedoch nicht, alles von sich preiszugeben oder sich verletzbar zu machen. Eine Regel ist ihr daher besonders wichtig: „Schreibe nichts, was deine Familie nicht lesen sollte und womit du selbst nicht durch bist.“ Insgesamt hat sie gute Erfahrungen mit ihren Beiträgen gemacht und sehr positive Rückmeldungen erhalten: „Sobald man sich selbst öffnet, öffnen sich auch andere.“
Fundiertes Wissen mit Herz
Erfahrungen, die auch Dr. med. Snježana-Maria Schütt (Die Kinderherztin) bestätigen kann. Neben einer Sprechstunde für Eltern rund um Gesundheitsthemen teilt sie Kochrezepte, Urlaubsberichte und viel Humor mit ihren Leser*innen. Sie sieht darin keinen Widerspruch zur professionellen Haltung als Ärztin, sondern vielmehr eine Gelegenheit Informationen, die ihr als Kinderärztin am Herzen liegen, an Eltern weitergeben. Durch die Verlinkung mit den sozialen Netzwerken Instagram und Pinterest erhält ihr Blog zudem eine größere Reichweite. Gleichzeitig ist sie als Fachärztin zu besonderer Sorgfalt verpflichtet. Das gilt für das Impressum ebenso wie für medizinische Beiträge.
Viele digitale Wege
Mit dem Ziel, eine Community für Eltern beeinträchtigter Kinder aufzubauen, hat Gail McCutcheon den Verein Mein Herz lacht gegründet. Dabei verfolgt sie ein hybrides Konzept, d. h. der Verein ist sowohl online präsent und erreichbar, als auch mit den in der Selbsthilfe so wichtigen analogen Gruppentreffen. Jedes der genutzten digitalen Netzwerke erfüllt dabei seinen eigenen Zweck. Demnach ist die Google-Suchmaschine für Betroffene die erste Anlaufstelle. Auf Instagram zeigt sich, was die Zielgruppe will. Twitter eignet sich zum Lernen und Netzwerken. Der Podcast gibt den betroffenen Eltern eine Stimme. Für die Umsetzung nutzt Gail McCutcheon alle verfügbaren Ressourcen und Netzwerke: „Ich muss nicht alles selber machen!“ Vielmehr gilt es Antworten auf die Fragen zu finden: „Was für Experten gib es? Was kostet das und wo bekomme ich Förderung?“
Ganz in diesem Sinne haben die Teilnehmenden des Forums die Impulse aus den Best-Practice-Beispielen aufgegriffen, sich vernetzt und praktische Tipps zu digitalen Anwendungen ausgetauscht.
Haben Sie Fragen zu Fördermöglichkeiten? Wir beraten Sie gerne unter Tel. 040/537 97 89-72,
E-Mail: selbsthilfefoerderung@paritaet-hamburg.de
Bildquelle: Pixabay
11. Forum "Digitaler Wandel in der Selbsthilfe", Mai 2021
Seit dem ersten Lockdown im vergangenen Jahr haben wir einen enormen Digitalisierungsschub erlebt, der alle Lebensbereiche umfasst. Der digitale Wandel ist da und lässt sich kaum mehr zurückdrehen. Doch wie kann eine digitale Weiterentwicklung in Vereinen, Organisationen und Gruppen nachhaltig gelingen? Gemeinsam mit Expert*innen aus der Selbsthilfe und angrenzenden Praxisfeldern ist das Forum dieser Frage nachgegangen und hat einen Ausblick in die Zukunft gewagt.
„Die rasante technische Weiterentwicklung wird in fünf Jahren so fortgeschritten sein, dass wir mit dem Kopf schütteln, über was wir heute gesprochen haben.“ Marc Hasselbach (Digitale Soziale Arbeit).
In seinem Impulsvortrag zum Thema „Digitalisierung und Ehrenamt“ betonte Henning Baden (Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt) den riesigen Nachholbedarf sowohl an Infrastruktur als auch im Umgang mit digitalen Produkten und Arbeitsweisen. Doch um digital durchstarten zu können, so Henning Baden, ist eine Strategie und die Einbindung in die Organisationsentwicklung notwendig. Durch eine tiefere Analyse der gemeinsamen Ziele, Handlungsfelder und Arbeitsvorgänge können negative Effekte vermieden werden, wie etwa eine Facebookseite auf der nichts passiert oder digitale Werkzeuge, die nur von wenigen in der Gruppe genutzt werden.
„Wir haben uns schon technisch aufgerüstet und werden für jede Veranstaltung prüfen, ob wir sie auch hybrid durchführen können, damit wir immer alle mitnehmen.“ Dagmar Hirche (Wege aus der Einsamkeit e.V.).
In der anschließenden Talkrunde wurde deutlich, dass sich digital viele Möglichkeiten bieten, die bis vor einem Jahr so noch nicht denkbar waren. Gemeinsam online kochen, tanzen oder spielen ist genauso möglich wie Gruppentreffen, Mitgliederversammlungen und Fortbildungen. Zudem können Online-Angebote pflegenden Angehörigen oder Menschen mit Mobilitätseinschränkungen Zugänge erleichtern und generell die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Ehrenamt verbessern.
„Digitalisierung darf nicht zu neuer Exklusion führen!“ Henning Baden (Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt).
Umso wichtiger ist es, die digitale Teilhabe auch für Einsteiger und (alters-)arme Menschen zu ermöglichen. Hybride Lösungen, das heißt eine Kombination aus realem und online Treffen, können eine sinnvolle Erweiterung über die Pandemie hinaus darstellen. Angesichts der sensiblen Themen in der Selbsthilfe sollten zudem langfristig Lösungen gefunden werden, die nicht auf Servern in den USA basieren. Dass dies bereits umsetzbar ist, zeigt nicht zuletzt die KISS Hamburg Selbsthilfe-App.
„Hoffnung lässt den Raum leuchten, Angst kann man riechen, Einsamkeit hat einen Geschmack und das kann man nur erleben, wenn man mit den Menschen in einem Raum zusammen sitzt.“ Derek Nordt (Guttempler in Deutschland e. V.).
Die in der Runde ausgetauschten Erfahrungen haben gezeigt, dass digitale Anwendungen reale Begegnungen in der Selbsthilfe auf vielfältige Weise ergänzen und unterstützen können, wenn Sie gezielt und mit Bedacht eingesetzt werden. Geteilte Meinungen gab es darüber, ob analoge Begegnungen in Zukunft digital ersetzt werden können. Umso spannender ist die Frage, wie wir in fünf bis zehn Jahren auf unsere heutigen Erkenntnisse zurückblicken werden.
Bildquelle: Joseph Mucira/Pixabay.
10. Forum "Online gut miteinander in Kontakt bleiben", Feb. 21
In einer Videokonferenz mit über 60 Teilnehmenden aus der Selbsthilfe und angrenzenden Praxisfeldern ist das Forum der Frage nachgegangen, wie es auch online gelingen kann, eine einladende Atmosphäre zu schaffen, achtsam miteinander ins Gespräch zu kommen und für Entspannung oder Energie zu sorgen. Dazu haben wir selbst Neuland betreten und das Forum interaktiv gestaltet. Dr. Thomas Leppert vom Heldenrat – Beratung für soziale Bewegungen e.V. sorgte zudem für wertvolle Impulse aus der Moderations- und Workshop-Gestaltung. Die Teilnehmenden hatten Gelegenheit gemeinsam eine Landkarte abzubilden, über kleine Umfragen ein aktuelles Stimmungsbild einzufangen, sich in Kleingruppen auszutauschen und ihre Ergebnisse auf einer Pinnwand zu teilen. So konnten sie selbst entdecken, wie ein Treffen, eine Veranstaltung oder ein Workshop passend zu ihrem Anliegen online gestalten werden kann.
Wieviel Analoges passt ins Digitale?
Es wurde deutlich, dass die Grundsätze von realen Treffen in den virtuellen Raum übertragen werden können. Auch online treffen Menschen mit individuellen Bedürfnissen zu einem gemeinsamen Anliegen zusammen. Jedoch ist der virtuelle Raum eindimensional, d. h. räumliche Nähe und das Gefühl von Zusammengehörigkeit müssen aktiv hergestellt werden. Die vorgestellten Anwendungen Padlet und Mentimeter erleichtern die Zusammenarbeit in kleinen wie großen Gruppen. Doch auch analoge Hilfsmittel, wie Bleistift und Papier können online eingesetzt werden. Probelauf, Technikcheck, und Zeitpuffer sollten immer eingeplant und verantwortliche Aufgaben auf mehrere Schultern verteilt werden. Eine fehlerfreundliche und flexible Haltung erleichtern zudem die Herausforderungen der Technik. Bei längeren Veranstaltungen schützen Bildschirm-Pausen und kleine Auflockerungen vor der Ermüdung.
Fazit
Das Forum hat bewiesen, dass ein lebendiger Austausch in Videokonferenzen möglich ist. Die geteilten kreativen Beispiele und Erfahrungen aus der Selbsthilfe haben zudem gezeigt, dass Online-Treffen durchaus Spaß machen können und ganz nebenbei zu guten Ergebnissen führen.
Bildquelle: Armin Schreijäg/Pixabay.
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