Dauerthema: Kooperationsvereinbarung

Ein Gastbeitrag von Antje Liesener, Bundeskoordinatorin beim Netzwerk Selbsthilfefreundlichkeit und Patientenorientierung im Gesundheitswesen

Viele Selbsthilfegruppen kooperieren auf die eine oder andere Art mit Fachkräften des Gesundheits- und Sozialwesens. Dabei stellt sich immer wieder die Frage, ob Kooperationsvereinbarungen oder -verträge sinnvoll sind oder ob die Selbsthilfe nicht gerade durch sie Gefahr läuft, in ihrer freien Selbstbestimmung beschränkt zu werden. Der folgende Beitrag will eine Hilfestellung für die Erarbeitung von denjenigen Kooperationsvereinbarungen sein, die für die Selbsthilfe hilfreich und zweckmäßig sind.

Braucht es Kooperationsvereinbarungen?

Kooperationsvereinbarungen dokumentieren die Absprachen, die zwischen Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens und der Selbsthilfe getroffen wurden, und dienen dazu, die Zusammenarbeit für alle Beteiligten planbar und verlässlich zu gestalten. Alle Partner*innen können die Vereinbarungen jederzeit nachlesen und haben dieselbe Grundlage für die Zusammenarbeit.
Eine Verschriftlichung von Absprachen ist grundsätzlich sinnvoll: Gerade in der Zusammenarbeit von Selbsthilfe und Gesundheitswesen zeigt sich immer wieder, dass Kooperationen häufig vor allem auf den guten, persönlichen Kontakten von Einzelpersonen beruhen. Scheidet eine der Personen aus, droht der Abbruch der Kooperation. Eine schriftliche Kooperationsvereinbarung trägt dazu bei, die Zusammenarbeit personenunabhängig zu klären und damit auch über einen Personenwechsel hinaus zu sichern. Sie macht den formalen Rahmen und die vereinbarten Spielregeln der Kooperation transparent. Regelmäßig auf ihre Aktualität hin überprüft, fördert eine Kooperationsvereinbarung, dass die Beteiligten die Kooperationsinhalte an ihre jeweiligen Ressourcen, Anliegen und Wünsche anpassen oder aber auch formal beenden.
 

Vereinbarung oder Vertrag?

Rechtlich betrachtet gibt es keinen Unterschied zwischen den Begriffen „Vertrag“ und „Vereinbarung“. Verträge sind gegenseitige Vereinbarungen. Umgangssprachlich verstehen Menschen jedoch beide Begriffe durchaus verschieden und messen ihnen unterschiedliche Bedeutungen bei: Demnach werden Verträge meist als einseitig (vor-)formuliert verstanden, die von der zweiten Partei „nur“ noch unterzeichnet werden müssen. Eine Vereinbarung wird dagegen eher als partnerschaftlich ausgehandelte Übereinkunft bewertet. Wer Wert auf diesen auf Partnerschaftlichkeit basierenden Charakter legt, sollte bei der Formulierung folglich der Kooperationsvereinbarung den Vorzug zu geben.
 

Wann und wie sollten Kooperationsvereinbarungen geschlossen werden?

In Kooperationsvereinbarungen werden getroffene Absprachen zwischen Selbsthilfe und Gesundheitseinrichtungen dokumentiert. Sie sind somit das Ergebnis eines vorhergehenden Aushandlungsprozesses, in dem miteinander geklärt wurde, welche Ziele die angedachte Zusammenarbeit verfolgen soll, welcher Partner wie dazu beitragen will und welcher Nutzen erwartet wird.

In der Regel ist dies nicht mit einem Kennlerntermin getan. Vielmehr sollten sich die Kooperationspartner ausreichend Zeit füreinander nehmen, um sich und ihre Angebote vorzustellen, ihre Erwartungen aneinander zu formulieren, gemeinsame Ziele zu identifizieren und ergebnisoffen miteinander erste Ideen für konkrete Maßnahmen und Aktivitäten zu entwickeln. Die jeweiligen Wünsche, Ressourcen aber auch Befürchtungen und Grenzen der Kooperation sollten offen miteinander besprochen werden. Das schafft Vertrauen in die Absichten und Anliegen der Kooperationspartner, hilft Enttäuschungen und Missverständnisse zu vermeiden und macht die Zusammenarbeit langfristig planbar. Die schritliche Kooperationsvereinbarung regelt auf Grundlage dieser Ergebnisse das weitere Vorgehen.

Eine auf solche Weise gemeinsam erarbeitete Kooperationsvereinbarung übervorteilt oder benachteiligt keinen der Beteiligten, sondern bildet vielmehr die Augenhöhe ab, auf der vorher miteinander um die richtigen Inhalte gerungen wurde.
 

Basisinhalte von Kooperationsvereinbarungen

Kooperationsvereinbarungen sollten mindestens folgende Aspekte umfassen:

  • Nennung der Kooperationspartner und Ansprechpersonen
  • Das gemeinsame Ziel: was wollen die Kooperationspartner durch ihre Zusammenarbeit erreichen? Für wen?
  • Die vereinbarten Maßnahmen: Wie wollen sie dieses Ziel erreichen? Wer bringt dafür welche Leistungen in welchem Umfang ein?
  • Kommunikation: Klärung der Ansprechpersonen: Wer ist wofür zuständig und wie erreichbar? Wie wird der gemeinsame Austausch gewährleistet? Wie soll miteinander kommuniziert werden?
  • Turnus, nach dem die Kooperationspartner die Kooperationsvereinbarung auf Aktualität überprüfen und ggf. anpassen.
  • Eine Vereinbarung zum Umgang mit personenbezogenen Daten insbesondere der Selbsthilfegruppen (Datenschutz)
  • Laufzeit der Kooperationsvereinbarung und Rahmenbedingungen für eine vorzeitige Beendigung.


Das Netzwerk Selbsthilfefreundlichkeit und Patientenorientierung im Gesundheitswesen bietet seinen Mitgliedern Tipps und Hilfestellungen rund um das Thema Kooperationsgestaltung sowie eine Vorlage für Kooperationsvereinbarungen an. Die Mitgliedschaft ist kostenlos. Weitere Infos unter www.selbsthilfefreundlichkeit.de.

Weitere Infos und Kontakt
Netzwerk Selbsthilfefreundlichkeit und Patientenorientierung im Gesundheitswesen (Netzwerk SPiG)
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