Nach der Impfung völlig k.o.
Seit Januar 2022 fühlt sich Tatjana G., „als wäre bei mir der Stecker gezogen und der Akku leer“, wie sie sagt. Nach ihrer dritten Corona-Impfung bekam sie hohes Fieber, fühlte sich tagelang so richtig krank und kam wochenlang nicht mehr auf die Beine. Seitdem ist sie arbeitsunfähig, hat bei der leichtesten körperlichen oder geistigen Betätigung oder bei Lärm Herzrasen mit anschließender völliger Erschöpfung, ist oft völlig k.o., muss viel liegen und kann sich oft nur schwer konzentrieren. „Früher habe ich täglich Yoga praktiziert, bin ich viel Rad gefahren, war joggen, walken. All das geht nicht mehr“, sagt die 51-Jährige. „Seit 14 Monaten kämpfe ich um mein altes Leben.“
Ärzte sind bisher nicht besonders hilfreich bei ihren Bemühungen. Sie vermutet, das Post-Vac-Syndrom zu haben, das im Vergleich zur Impfquote selten nach Impfungen auftritt und in vielem ähnlich zu Long-Covid oder ME/CFS ist. Eine gesicherte Diagnose oder gar eine Therapie gibt es nicht, oft genug erntet sie Unverständnis oder bekommt den Hinweis, dass alles rein psychisch sei.
Sie verteufelt die Corona-Impfung nicht. Zwar war sie anfangs etwas skeptisch, dieses so neue Impf-Verfahren für sich anzuwenden, doch nach vielen Meldungen von schweren Corona-Verläufen entschied sie sich auch aus Solidarität mit gefährdeten Personen schließlich für die Impfung als kleineres Übel. Seitdem ist nichts mehr, wie es war.
Ihr Leben würde nicht mehr funktionieren ohne die Unterstützung ihres Mannes oder der Tochter im Teenager-Alter, die ihr sehr viele Aufgaben im Haushalt abnehmen, wenn es ihr mal wieder so schlecht geht, dass sie das Bett nicht verlassen kann. Wenn der Einkauf ansteht, die Wäsche gewaschen oder wenn gesaugt werden muss, wenn gekocht oder mit dem Hund Gassi gegangen werden muss. Ihr unfreiwilliges Leben auf dem Bremspedal ist zum Familienprojekt geworden.
Als ausgebildete Yogalehrerin schafft es Tatjana G., an ihrer Situation nicht zu verzweifeln. „Jammern nützt nichts, die Situation ist, wie sie ist, mein Leben hat sich auf sehr niedrigem Niveau eingependelt.“ Die Hoffnung auf Heilung oder wenigstens Besserung hat sie nicht aufgegeben, auch wenn manchmal durchaus Tränen fließen. Viel hat sie recherchiert, gelesen, mit Ärzten positive und ernüchternde Erfahrungen gemacht. All das möchte sie gerne teilen.
„Ich bin ja nicht die einzige, der es so geht. Ein Austausch mit anderen Betroffenen, ein Lernen von deren Erfahrungen zu Ärzten, Therapien, Erkenntnissen spart uns allen Zeit, Kraft und Geld.“ Daher unterstützt KISS Hamburg sie dabei, eine Selbsthilfegruppe zu Post-Vac zu gründen. „Wir wollen Hilfe, wir wünschen uns medizinische Strukturen, wir wollen ernstgenommen werden.“
Wissen zu Long-Covid verbreitet sich ganz allmählich unter Fachleuten und in der Öffentlichkeit, Post-Vac hingegen wird noch deutlich weniger erkannt und anerkannt, so Tatjana G.s Eindruck. Je mehr Betroffene sich zusammenschließen, desto sichtbarer können sie werden. Viel Kraft hat niemand von ihnen, aber gemeinsam können sie versuchen, sich zu helfen, sich zu stärken, auf ihre Erkrankung und die damit einhergehenden Probleme aufmerksam zu machen.
Interessierte erfahren näheres zur neuen Gruppe über unser Selbsthilfe-Telefon (Mo-Do 11-17 Uhr 040 / 39 57 67)
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